Uschi

Der Platz auf dem Sofa ist leer

Ich blicke hinüber zum Sofa und der Platz in der Ecke ist leer. Ich könnte ihn einnehmen, aber es ist schließlich dein Platz, den du vehement beanspruchst. Eigentlich gehört dir das ganze Sofa, die ganze Wohnung ist dein Besitz - Katzendenken. Eigentlich, denn das Miezekätzchen wird nicht an seinen Platz zurückkehren. Kein Einkuscheln, kein tiefer Schlaf (das Pfötchen zuckt im Traum), keine Körperwärme, kein Streicheln… Ja, alles das ist vorüber, ist Vergangenheit, ist nur noch eine liebevolle Erinnerung. Ich blicke hinüber zur Sofaecke, deren Leere sich mit Unfassbarkeit und Sprachlosigkeit gefüllt hat.
In den letzten Jahren Jahren waren wir eng zusammen. Wie schieden aus dem aktiven Arbeitsleben aus und die allgemeine Situation erlaubte es uns kaum, zu verreisen. Wir waren für dich da und du für uns. Als dein Brüderchen uns vor einem Jahr verließ, da hast du dir danach dein Leben neu eingerichtet und bist noch näher an uns herangerückt, wurdest „gesprächiger“. Die Palette deiner Tonlagen wurde erstaunlich vielfältig.
Nun endlich, nach sehr vielen Monaten stand für uns wieder eine Flugreise Richtung Palmen und Meer an. Katzen bleiben lieber zu Hause. Du warst, wie auch schon früher, in liebevollen Händen. Jeden Tag gab ein Foto, es ging dir gut. Wir kehrten nach einer Woche bereits zurück und du schliefst so fest, dass du zunächst unsere Ankunft gar nicht bemerkt hast. Ein wenig schlaftrunken wurden wir begrüßt. Viele gemeinsame Wochen lagen vor uns und doch wurden daraus nur zwei Tage.
Eine gewisse Unruhe machte sich bei dir breit. Vielfach hast du die Wohnung und den Balkon durchwandert. Alles wurde genauestens inspiziert, beschnüffelt und danach nahmst du wieder deinen Platz auf dem Sofa ein. Alles noch einmal sehen, alles noch einmal erleben. Spürtest du das Kommende, das Unvermeidliche? War das dein Abschied von jener Welt, in der du so viele Jahre gelebt hast? Das mag verrückt klingen, aber vielleicht war es haargenau so.
Am Sonntagmorgen überkam dich schließlich ein Zittern. Du drehtest dich im Kreis, als wolltest du mit deinem Schwanz spielen. Du fandest keine Ruhe mehr. Dein Miauen – deine „Abschiedsworte“ an uns? Man sagt, dass Katzen in diesen Tonlagen nur mit Menschen kommunizieren. Dann setzten Schwäche und Atemnot ein. Du hast unsere gemeinsame Welt so schnell verlassen. Zurück blieben dein langsam erkaltender Körper und unsere Traurigkeit.
Auf dem Tisch steht eine Kerze. Ihr sanftes Licht scheint hinüber in die Sofaecke. Es vertreibt die Gespenster der Leere und der Fassungslosigkeit. Die Worte für eine kleine Geschichte nehmen in meinem Kopf langsam Gestalt an. Sie werden die Sprachlosigkeit vertreiben und Platz für Erinnerungen schaffen.


Uschi (Hommage und Abschied nach einem langen Katzenleben)

Meine liebe Kleine,
du bist nicht alleine,
auch, wenn wir nicht bei dir sind.

Wir denken unumwunden,
du hast deinen Weg gefunden,
hinein in Glanz und Licht.

Ich konnte im Traum dich sehen,
im Glück spazieren gehen,
auch, wenn uns das Herze bricht.

Unsere Trauer wird nicht verweilen,
wenn weiter wir durchs Leben eilen.
Ein Gedanke, ein Bild; wir erinnern uns geschwind.


Katzenhimmel

Du lebtest bei uns
Nun bist du fort
Der Katzenhimmel
Gewiss ein schöner Ort



Der Platz auf dem Sofa ist nun leer, aber dein Platz in unseren Herzen wird bleiben. Wir vermissen dich.