Coco

Meine liebe kleine Coco,

nun bin ich schon 40 Tage ohne Dich. Ich bin sehr froh, dass ich Deine Asche in einer schönen Urne in Form einer schwarzen schlafenden Katze bei mir habe. So bist Du doch noch immer ein bisschen "zuhause". Oben auf dem Schrank stehst du nun, von wo aus Du den größten Teil der Wohnung überblicken kannst.

15 Jahre und 7,5 Monate waren wir zusammen. Damals, als ich Dich geholt habe, war mein Kater gerade 10 Tage tot. Ich war noch gar nicht bereit für eine neue Katze, aber da warst du: Eine ehemalige Kollegin rief mich an und erzählte von dir. Du solltest ins Tierheim, weil niemand dich wollte und die junge Frau, die dich dann zu sich genommen hat, verzweifelt weinte, weil du ihre halbe Wohnung zerstört hast. Du wurdest an einer viel befahrenen Straße ausgesetzt und von einer jungen Mutter mitgenommen. Da das Kind mit dir nicht klar kam, hat die Oma dich mit zu ihr genommen. Dort haben dich zwei Kater zerbissen, weswegen du bei der jungen Frau gelandet bist, der du die halbe Wohnung zerstört hast.

Nie habe ich eine wildere Katze gekannt als dich. Man rief mich an und erzählte mir von dir und bat mich, dich einmal "anzusehen", da man davon ausging, ich habe Ahnung von Katzen und könne dich bändigen. Ich sah mir dich an bzw. das Erste, das ich von dir sah, war ein schwarzer Kondensstreifen. Du ranntest durch die Wohnung dieser jungen Frau in einem Tempo, dass man dich gar nicht erkennen konnte! Dabei fielen allerlei Dinge zu Boden. Du konntest an den Wänden entlang laufen. Die Gardinen waren bereits herunter gerissen. Ich fragte mich insgeheim, was ausgerechnet ich nun ausrichten soll. Gleichzeitig erkannte ich, dass die junge Frau dir ständig hinterher rannte, dich bremsen wollte, umso wilder wurdest du. Mit so einer wilden Katze hatte ich noch nie zu tun. Mein alter Kater war auch kein ruhiges Tier, aber so wild wie du war er nie. Dann tat ich das, was meinen alten Kater auch immer irritiert hat, wenn ich es tat: Ich legte mich mitten in der fremden Wohnung auf den Boden und wartete ab. Was bei meinem Kater funktionierte, funktionierte auch bei dir: Du kamst auf meinen Bauch gehopst, bist bis zu meinem Nacken hoch gekrochen und bliebst auch dort festgekrallt, als ich mich hinstellte. Mit Zähnen und Krallen hast du dich festgehalten. Lautlos hast du mir gegen den Hals geatmet, hast dich nicht mehr gerührt. Du solltest ins Tierheim, bevor die Wohnungseinrichtung komplett kaputt war. Ich blieb etwas mit dir auf der Schulter sitzen, du hast dich noch immer festgekrallt und festgebissen. Auf einmal hast du meine Wange abgeleckt!

Ich holte dich vor mein Gesicht und sah dir in die Augen. Du warst abgemagert, leicht wie eine Feder, struppiges Fell, ein dünnes Schwänzchen, deine Augen wirkten gehetzt, aber du hast mich sehr eindringlich angesehen. Ich redete beruhigend auf dich ein und sagte aus einem Impuls heraus: "Ich nehme die Katze zu mir, sie soll nicht ins Tierheim." Deinen Kratzbaum, die Katzentoilette, die Transportbox sowie deine Decken kaufte ich der jungen Frau gleich ab. Wir fuhren nach Hause. Du warst ganz leise im Auto. Ich stellte dein Klo an Ort und Stelle, die Transportbox davor und ließ dich raus. Futter gab es in der Küche, ansonsten ließ ich dich alles anschauen und habe mich um meinen Kram gekümmert. Du hast das dankbar angenommen, hast aber vier Wochen gebraucht, um in einem Zimmer mit mir bleiben zu können. Du warst ständig am Rennen. Ein Jahr lang dauerte es, bis du das erste Mal geschnurrt hast.

Dein Leben, bevor du zu mir kamst, hatte Spuren hinterlassen. Der Tierarzt schätzte dich auf 2-3 Jahre damals. Du warst unterernährt und viel zu klein für dein angebliches Alter. Der Tierarzt sagte, du hast das Wachstum eingestellt, um zu überleben. Du wolltest leben und hast immer gekämpft. Du bist nie krank gewesen. Aber Du hast aus der früheren Zeit etwas zurückbehalten: Die Angst vor anderen Katzen. Du musstest dich übergeben, wenn eine Katze am Fenster vorbei lief. Ich habe so so so viele Flecken weggewischt, weil ständig irgendwo eine Katze zu sehen war. 10 Jahre lang ging das so. Danach wurde es langsam besser und du hast verstanden, dass die anderen Katzen draußen sind und dir nichts tun werden.

Du hast über die Jahre verstanden, dass ich nur Gutes für dich will. Dafür warst du mir treu ergeben. Tausende Male hast Du meine Wange abgeleckt, meine Hand genauso. Gezankt haben wir öfter. Vor allem um MEIN Essen. Diskutiert haben wir auch viel. Du warst immer um mich, hast mir bei der Hausarbeit "geholfen", hast laut schnarchend neben mir geschlafen. Dein Verhalten war oft nicht sehr damenhaft, aber seltsamerweise hast du bei mir NIE irgendetwas umgestoßen oder kaputt gemacht. Obwohl du sehr wild und hektisch bis zu einem Alter von etwa 12 Jahren geblieben bist, fiel niemals etwas um oder ging etwas kaputt. Gardinen blieben hängen, alles blieb heil.

Im Alter von etwa 12 Jahren wurdest du etwas ruhiger. Ausgetrickst hast du mich so oft. Fangen spielen war das Größte für dich. Du hast versucht, mich zu Fall zu bringen, was nie funktioniert hat. Nachts hast Du gern auf meinem Kopf geschlafen. Hast Deine Futtertüten selbst aus dem Schrank geholt und geöffnet. Brachtest Leckerli mit ins Bett und hast sie neben meinem Kopf laut schmatzend aufgefressen.

Mein kleiner Wirbelwind. Du hast mein Leben auf den Kopf gestellt. Ich war so traurig, nachdem mein Kater damals gestorben war, aber du hast so viel Persönlichkeit gezeigt, ich hatte gar keine Zeit, im Elend zu versinken, denn dir sind so viele Ablenkungen eingefallen. Wenn es mir schlecht ging, hast du mich durch lautes Schnurren getröstet. All die Jahre lang. Ich hatte immer den Eindruck, dass du alles verstanden hast, dein Blick war durchdingend und bestätigend. Du warst immer da für mich. Ich konnte dir alles erzählen und du hast es kommentiert. Deine Späße haben mich aufgemuntert, wenn ich krank war, half mir dein Schnurren beim Gesundwerden. Du hast so viel für mich getan.

Als du alt wurdest, habe ich alles versucht, dir die verbleibenden Monate schön zu gestalten, dir noch etwas Neues zu bieten, in den Garten zu gehen, was du vorher nicht so mochtest. Die junge Nachbarskatze war die einzige, bei deren Anblick du keinen Würgereiz bekommen hast. Dankbar leckte der Kater dir die Pfote ab und du hast es geschehen lassen! Dein Blick sagte mir, dass dies nun doch ganz ok gewesen ist und wir gern öfter in den Garten gehen können. Du hast mich angeblinzelt, wenn du in der Sonne liegen konntest. Es tat mir so leid zu sehen, wie du altersbedingt immer mehr und mehr abgebaut hast, aber bis zur letzten Minute hast du tapfer versucht, deinen normalen Alltag zu leben. An deinem letzten Tag hast du mich auf zittrigen Beinchen empfangen, als ich nach Hause kam..... Mir brach es fast das Herz. Ich hielt dich stundenlang auf dem Arm. In deiner letzten Nacht hast du neben mir geschlafen. Wenn ich mich bewegte, hast du mich mit großen Augen ängstlich angesehen, so, als wolltest du mir sagen, dass ich nicht weggehen soll. Ich blieb bei dir..... Wie immer früh am Morgen drehtest du deinen (letzten) Patrouillengang durch die Wohnung, hast dann plötzlich laut miaut, mich gerufen. Ich kam sofort zu dir, du hast dich hingelegt, auf den kühlen Fußboden. Ich legte dich auf den warmen Teppich, du hast dich gestreckt, noch einmal tief ein- und ausgeatmet. Und du warst..... eingeschlafen. Für immer.

Ich hoffe, du hast nicht gelitten. Es sah zumindest nicht danach aus. Ich hatte dir vorher erzählt, dass ich mit dir - wenn es denn soweit ist - zum Rosengarten nach Trier fahren werde. Dass du danach wieder zu mir nachhause kommst. Du hast geblinzelt. Vielleicht hast du mich verstanden? Wir sind dann gemeinsam zum Rosengarten gefahren. Auf der Fahrt war ich seltsam ruhig. Du warst neben mir. Als ich Dich abgegeben hatte, war da eine ziemliche Leere. Die erste Woche stand ich regelrecht unter Schock. Ich räumte den Platz für deine Heimkehr: Oben auf dem Schrank, von wo aus du gut alles sehen kannst. Nach einer Woche schon durfte ich dich wieder abholen. Wieder war ich auf der Fahrt ganz ruhig, du warst wieder da! Bei mir! Du bist es immer noch. Meine Coco, mein geliebter kleiner Wirbelwind.

Ich danke dir für die vielen Jahre und ich hoffe, ich konnte dir ein Leben bieten, das dir gefallen hat. Eine Freundin sagte mal, dass du zu mir gekommen bist, das sei für dich wie ein Sechser im Lotto gewesen. Ich hoffe sehr, dass du das auch so gesehen hast. Es hat mich sehr gefreut, 15 Jahre und 7,5 Monate mit Dir zu teilen. Ich werde dich niemals vergessen. Am Ende der Regenbogenbrücke werden wir uns wieder sehen.

In Liebe,
Dein Frauchen Elke