Lupi

Um gleich am Anfang eine gute Freundin zu zitieren: "Ich habe noch nie einen Hund mit so gütigen Augen gesehen!"
Vielleicht waren es diese Augen, die mich vor ca. einem Jahr im Internet angesprochen haben, als ich auf einer Tiervermittlungsseite in einer großen Auswahl an Hunden plötzlich auf Lupi gestoßen bin. Jedenfalls hatte ich mich unter all diesen Tieren ausgerechnet in ihn verliebt, Hals über Kopf, und schon nach einigen Wochen -nach mehreren Gesprächen mit der Vermittlungsstelle- konnte ich ihn bei mir in Bremerhaven begrüßen. (Er kam ursprünglich aus Portugal, wo er anscheinend mit einer älteren Dame zusammengewohnt hatte. Als diese traurigerweise gestorben war, blieb Lupi allein in dem Haus zurück, nur gelegentlich vom Nachbarn besucht, der ihn mit Essen und Trinken versorgte.)
Am 13. November 2021 hat er jedenfalls seine erste Schritte in Bremerhaven getan, und er musste sich tatsächlich erst einmal an seine neue Umgebung (und vor allem an die kälteren Temperaturen in Deutschland) gewöhnen. Aber schon nach kurzer Zeit schien die erste große Hürde genommen zu sein, auch weil er vielleicht als Willkommensgeschenk von mir einen schicken warmen grünen Pullover bekommen hat, der ihn draußen gut vor der Kälte schützte. Bis zuletzt hat er es über die Maßen genossen, an der frische Luft zu sein und zu schnüffeln; er war, wie dieselbe oben bereits zitierte Freundin meinte, ein richtiger "Butscher" geworden. Von anderen Hunden hielt er sich lieber fern. Er war ein Hund, der seine Ruhe genoss und sich von allem Stress fernhielt. Außerdem war er ohnehin damit beschäftigt, draußen nach Essbarem zu suchen, selbst wenn er kurz vorher noch zu Hause eine große Portion bekommt hat. Das war egal. Es schien ihm schlichtweg eine besonders große Freude zu sein: Essen bzw. das Suchen nach Essen. Davon ließ er sich nicht abbringen, selbst wenn er dafür in irgendwelche Hecken oder Büsche verschwinden musste (und manchmal von seinem Herrchen zurechtgewiesen wurde).
Lupi war sehr sensibel, und wenn ich mir zu Hause in der Küche mal an einer offenen Schranktür den Kopf gestoßen und deswegen geflucht habe (als erste spontane Reaktion), hat er, wenn ich anschließend in die Stube kam, mich mit seinen wunderschönen großen Augen angeguckt und war leicht am Zittern. Dann habe ich mich gleich zu ihm gesetzt, ihn gestreichelt und erklärt, dass ich geschimpft habe, weil ich nicht aufgepasst und mir den Kopf wehgetan habe; dass er damit nicht zu tun hat etc. Dann hat er sich gleich wieder beruhigt. Er war, wie schon erwähnt, ein Hund, der gerne seine Ruhe wollte.
Lupi kam bereits mit einer Herzschwäche zu mir. (Es gehört zu meinen Steckenpferden, alte Hunde zu adoptieren und dafür zu sorgen, dass sie noch einen schönen Lebensabend haben, mal 2-3 Jahre lang, oder wie halt bei Lupi mal gerade ein Jahr.) Er war vierzehn, als ich ihn habe gehen lassen. Sein Gesundheitszustand hatte sich verschlechtert, es wurde im Vorfeld noch mal viel Geld an den Arzt ausgegeben, er wurde ultrageschallt und geröntgt, aber selbst mit einer Medikamentenumstellung resp. -erweiterung verbesserte sich sein Zustand nicht. Vor lauter Herzhusten fand er keine Ruhe mehr, dieser hielt ihn auch nachts wach; sein zarter Körper (der voller Wasser war) wurde von dem Husten immer mehr belastet. Also habe ich, auch wenn es mir (verständlicherweise) schwerfiel, diese letzte Entscheidung getroffen. Und dieselben wunderschönen gütigen Augen, in die ich mich damals auf dem Foto im Internet verliebt habe, haben mich auch in seinem letzten Augenblick des Übergangs angesehen. Das werde ich nie vergessen. Den Übergang selbst hat er ganz ruhig erlebt. Friedlich. Und wo immer er jetzt ist, wird er hoffentlich mit Ferdi, meinem vorangegangen Hund, an der frischen Luft sein, das Butschern genießen und in irgendwelche Hecken und Büsche springen, um nach Essbarem zu suchen. (Vielen Dank für alles, mein Lieber! Mach's gut...)