Merry

Wann fängt das Abschied nehmen an?



Im Herbst 2007 fing ich an, Abschied zu nehmen, denn ich ahnte, dass wir nicht mehr viel Zeit mit einander haben werden. Merry (ca. 13 Jahre alt) wurde immer schwächer, stolperte oft und hörte schlechter. Zu Weihnachten 2007 ließ ich von uns noch ganz tolle Fotos machen, schrieb einen Artikel über Merrys und meinem ersten gemeinsamen Moment, damit jeder meine Merry kennen lernt. Im Frühjahr 2008 wurden nach einigen Untersuchungen an Merry Herzerkrankungen fest gestellt. Wochen später war sie total taub und ihre Bewegungen noch eingeschränkter. Ich war in großer Sorge und setzte mich schon gedanklich mit unserem Abschied auseinander – wie, wo und wann? Noch war ich dazu in der Lage.



„Man darf keinen engagierten Tierliebhaber unterschätzen. Wer Tiere hält, der lernt auch, dass man nicht so schnell aufgeben darf, nicht einmal in scheinbar ausweglosen Situationen…“ - zitiert nach Konrad Lorenz



Abschied nehmen



Am 06. August 2008 brach Merry das erste Mal zusammen. In den folgenden 14 Tagen kamen zwei weitere Zusammenbrüche dazu. Jeden Tag hatte ich mit dem Tierarzt Kontakt. Merry bekam zusätzliche Medikamente für das Herz, die Gefäßerweiterung, gegen Wasseransammlungen, für die Nierenfunktion und den Sauerstofftransport sowie Antibiotika. Sie rappelte sich immer wieder auf. Zwar war Merry sehr schwach, aber sie fraß, trank und lief ein bißchen. Sie forderte mich zum Spielen auf und legte mir Stöcker vor die Füße.



Sehr oft schaute sie mich mit ganz großen Augen an, die mich auf Schritt und Tritt verfolgten. Wie konnte ich ihr nur helfen? Bis zur seelischen und körperlichen Erschöpfung recherchierte ich, telefonierte und suchte nach Antworten. Die Zeit war zu kurz. Merry kämpfte bis zum 28. August 2008. Dann brach sie wieder zusammen. Ihr Maul war fest verschlossen, ihr Herz klopfte ganz schnell, ihr Körper war kalt, und sie atmete ganz tief ein und aus. Ich gab ihr und mir Beruhigungstropfen. Mir war schlecht und ich hatte das Gefühl, kurz vor der Ohnmacht zu sein. Dann trug ich Merry nach draußen und legte sie unter die große Buche ins Gras, wo sie stets gerne lag. Ich weiß nicht, wie oft ich in den letzten Tagen ihre 22 Kilo getragen habe. Der Tierarzt kam. Merrys Kopf lag in meinem Schoß, ich hielt ihre Augen zu, küsste sie und sagte: „Gleich ist alles vorbei.“ Mein Herz zerbrach…



Der Tierarzt ging. Ich trug Merry zurück ins Haus und blieb, wie die anderen Nächte auch, bei ihr.



Ich bleibe bis zum Ende bei dir



Merry sollte verbrannt werden. Dazu fuhr ich mit ihr am 10. September 2008 zur Einzelkremierung ins Kleintierkrematorium Im Rosengarten nach Badbergen. Im „Raum der Stille“ konnte ich ganz nach meiner Vorstellung von Merry Abschied nehmen. Sie war mit Rosen geschmückt und das Lied von Ich + Ich „Du erinnerst mich an Liebe“ spielte. Ich drückte meine Merry an mich. Unser letzter gemeinsamer Moment.



Ein Engel zerfällt zu Staub



Ich stand vor dem geschlossenen Fenster. Das Rollo begann sich zu heben. Merry lag mit Rosen bedeckt auf dem Laufband. Über ihr leuchtete in voller Kraft vom Boden bis an die Decke ein wundervoller Regenbogen, begleitet von schöner Musik. Meine Gedanken und Blicke gingen an Merry: „Danke meine Merry für elf Jahre voller bedingungsloser Treue. Danke für die Spaziergänge und Löcher buddeln am Strand, die spaßigen Wasser- und Ballspiele, die endlos langen Wander- und Radtouren auf Pilz- und Abenteuersuche. Du bist so besonders…“. Der Regenbogen erblasste, es wurde dunkler und die Musik leiser. Das Band setzte sich in Bewegung, das Rollo fing an sich zu senken und das Tor öffnete sich: „Lebe Wohl, meine Merry. Meine beste Freundin. Ich liebe dich.“



Merrys Urne in Form eines Herzens, habe ich mit nach Hause genommen.



Danke an meine Mutter, an meine Tante, an den Tierfriedhof Stade und an das Rosengarten-Team, die mich beim Abschied nehmen so unterstützt haben. Eine liebevollere Betreuung für meine Merry und mich hätte es nicht geben können.



Danke an alle, die Merry gekannt und lieb gehabt haben.



Danke an meine Merry. Du warst ein besonderer Hund. Danke für elf einzigartige Jahre.



Vielleicht ist es wirklich so, dass einige Freundschaften im Himmel beschlossen und auf Erden vollzogen werden. Ich werde warten! Auf dich!



Deine Jennifer