Mowgli

Die Geschichte von unserem Freund, von einem besonderen Freund...von unserem BESTEN Freund.

Mowgli, oder liebevoll Mow genannt, hat über 14 Jahre unser Leben bereichert. Er war ein schwarzer Kater - europäischer Kurzhaar - der am 13. November 2008 das Licht dieser Welt erblickte, so wie ich (Emily) am 20. Februar 2009 ihn erblickte als ich ihn zu mir nach Hause holte. In den ersten Jahren lebte Mow mit mir in meiner Berliner Altbauwohnung, wo er mich und ich ihn und seinen außergewöhnlichen Charakter kennen und lieben lernen durfte. Und ja, jeder Tier- und vor allem Katzenfreund ist überzeugt davon, dass sein tierischer Weggefährte etwas “GANZ" Besonderes ist, aber Mow war einfach…einfach Mow eben. Auf der einen Seite war Mowgli von Anfang an so neugierig, so quirlig aber gleichzeitig auch so unglaublich verschmust und liebebedürftig, dass er nachts so nah bei mir sein wollte, dass er an meinem Hals oder sogar auf meinem Kopf und Gesicht schlafen wollte. Auf der anderen Seite zeigte er mir aber auch schon immer seinen eigenen Willen und manchmal zeigte er auch seine Krallen - meist, wenn das Spiel zu übermütig wurde. Gleichzeitig sorgte er mit seinem eigenen Kopf und den daraus entstehenden Streichen, gewollt aber auch meist ungewollt, für so manchen Lacher. Egal, ob es das Abrollen einer kompletten Rolle Toilettenpapier, das Hochklettern einer Wand an der Raufasertapete, das Öffnen von Türen und Kühlschränken oder aber dem Herunterwerfen von Stiften und anderen Gegenständen von Tischen war, Mowgli war immer für eine Überraschung gut.

Kristijan:
Im Februar 2012, als ich Emmi das erste Mal in Berlin besuchte und wir uns kennen und lieben lernten, lernte auch ich Mowgli kennen. Wir beide verstanden uns auf Anhieb. Besonders bemerkenswert war für mich Mowglis feinsinniges Gespür. Er fühlte einfach sofort und direkt jede emotionale Veränderung bei Emmi und nun auch bei mir. Er war, wenn nötig, immer zur Stelle, wenn Emmi oder ich Trost und Zuneigung gebraucht haben. Emmi hatte schon bevor wir uns näher kennenlernten, beschlossen für mindestens ein Jahr bis anderthalb Jahre nach Australien zu gehen, ein Umstand der gerade in unserer Kennenlernphase emotional sehr schwierig für uns und für mich war. Ich erinnere mich an einen Nachmittag - Emmi war arbeiten und ich alleine mit Mow in ihrem Wohnzimmer - an dem ich extrem traurig war. Hatte ich doch gerade erst die Liebe meines Lebens entdeckt und sollte sie kurz darauf eine so lange Zeit nicht wiedersehen. Ich war verzweifelt und hatte Tränen in den Augen und Mow stand von seinem Platz auf und legte sich zu mir auf’s Sofa, ganz nah an meinen Kopf und kuschelte sich an mich. So als wollte er sagen: “Mach Dir keine Sorgen mein Freund und glaube mir, alles kommt so, wie es kommen soll und alles wird gut sein!” Und so sollte es auch auf die eine oder andere Art kommen, denn obwohl ganz Anderes geplant war, zogen Emmi und Mow im September 2012 von Berlin nach Köln und zu dritt zogen wir in unsere erste gemeinsame Wohnung.

Emily:
In den folgenden elf Jahren sind wir als WG, Freunde, ja man kann mit Sicherheit sagen, als Familie, eng zusammengewachsen und haben zahllose lustige und kostbare Momente erlebt und geteilt. Er wurde zu einem festen Bestandteil unseres Lebens, egal ob er uns beim Arbeiten zusah oder einfach nur Gesellschaft leistete. Weil Mow auch mit mir in Berlin an einer stark befahrenen Straße lebte und auch hier in Köln die großen Straßen nicht weit entfernt waren, wagten wir es nicht, ihn als Freigänger rauszulassen und so lebte Mow auch hier als Wohnungskatze. Umso mehr hatte Mowgli seine Freude daran, an weit geöffneten Fenstern zu sitzen und das Geschehen draußen zu verfolgen. Der Umzug nach Köln brachte aber auch eine große Terrasse mit sich, die Mowgli vom ersten Moment an liebte und sofort zu seinem Territorium erklärte. Und obwohl - oder gerade weil - er kein Freigänger war, genoss er es dort, Vögel, Insekten, Mäuse und Menschen - die sich von Zeit zu Zeit im Hinterhof aufhielten, aus seinem “Versteck” zu beobachten. Nachdem wir die Terrasse katzensicher gestaltet hatten, was aufgrund von Mowglis Intelligenz nicht immer einfach war, konnte er dort letztendlich nach Herzenslust Zeit verbringen. Laute Geräusche, wie an Silvester oder auch Karneval hingegen - wenn am Veilchendienstag direkt vor unseren Fenstern der Veedelszug durch die Straßen zog - mochte Mowgli verständlicherweise überhaupt nicht. Wir sorgten also jedes Mal dafür, dass Mow einen möglichst ruhigen Rückzugsort hatte und verbrachten dort mit ihm die Zeit bis wieder Ruhe einkehrte. In den elf Jahren haben wir auch meistens zu zweit mit Mowgli einen gemütlichen Silvesterabend verbracht. Vor allem in den letzten drei Jahren hat Mowgli es nicht nur sehr genossen, dass wir Silvester bei ihm sind, sondern auch fast täglich rund um die Uhr, weil wir seitdem bis auf ein paar Tage dauerhaft im Homeoffice arbeiteten.

Kristijan:
Jedes Jahr das Mow älter wurde, feierten wir seine Geburtstage mehr - an seinem zehnten Geburtstag schmückten wir sogar etwas besonderer - mit viel Liebe, Mowglis Lieblingsmahlzeiten und Leckereien denn - bewusst oder unbewusst - wir spürten nicht nur an der sich ändernden Jahreszahl, dass er älter wurde. Weiße Härchen in seinem Fell wurden von einer Seltenheit zu einer Regelmäßigkeit; ein Schnurrharr wurde gar komplett weiß. Springen wurde zu Sitzen. Spielen im Laufen wurde zu Spielen im Liegen, kleine Beschwerden wurden zu Krankheiten und die Tierarztbesuche nahmen zu. Und obwohl wir gerade in den letzten Jahren sehr viel Rücksicht auf Mow nahmen, konnten wir unsere und seine Bedürfnisse nicht immer gleichermaßen gerecht werden.

Emily:
Wenn wir zu Weihnachten, bei Familienfeiern oder sehr seltenen Wochenendausflügen nicht zu Hause waren, verkürzten wir unsere Abwesenheit auf ein Minimum, um ihn wenn überhaupt nur eine Nacht allein zu lassen. Wenn wir doch einmal länger verreisten - was innerhalb von 11 Jahren nur 5 mal vorkam - versuchten wir immer die bestmögliche Unterbringung für Mow zu finden, damit wir ihn gut versorgt wussten. Dennoch fehlte er uns immer sehr und nicht selten hatten wir ein schlechtes Gewissen, da es sich für uns so anfühlte, als würden wir ihn für unser Wohl irgendwo hin abschieben. Im Jahr 2019 unternahmen wir unseren letzten richtigen Urlaub und konzentrierten uns seit Anfang 2020 mit all unserer Kraft auf unseren Bulli. Nach drei kräftezehrenden Jahren waren wir so weit mit dem Bulli endlich verreisen zu können. Immer wieder spielten wir in Gedanken durch, wie es wäre, Mow mit auf unsere große Reise zu nehmen, um ihm in seinen letzten Lebensjahren die Welt zu zeigen. Denn ihn abzugeben, damit wir die große weite Welt erkunden konnten, war für uns keine Option. Wir wollten aber auch das Bestmögliche für ihn schaffen und waren oft überfragt, wie sich Beides vereinen könnte. Erst in den letzten Monaten waren wir uns sicher, dass wir mit Mowgli erste kleine Bullireisen probieren wollten, weil wir das Gefühl hatten, dass er es einfach lieben würde, auf seine alten Tage nochmal rauszukommen. Wir glaubten, dass wir ihm noch ein bisschen die Welt und die Natur zeigen könnten und wir planten schon einen schönen Platz für Mow im Bulli.

Kristijan:
In den letzten 12 Monaten nahm Mowglis Gesundheit zusehend ab. Im gleichen Maße verlor er an Gewicht, was uns - erschreckenderweise - erst im Nachhinein, auf Fotos und Videos erst so richtig deutlich wurde. Trotz zahlreicher Tierarztbesuche und verschiedener Behandlungen verschlechterte sich sein Zustand. Wir waren mit Mowgli bei verschiedensten Tierärzten, holten uns Rat bei Experten, sogar bei einer Tierkommunikatorin, einem Tierheilpraktiker und Homöopathen. Erst nach vielen Untersuchungen wurde festgestellt, dass er altersbedingt ein etwas vergrößertes Herz und zu hohen Blutdruck hat. Nach einer weiteren Blutuntersuchung und einem Bauchhöhlenultraschall wurde bei Mow eine chronische Niereninsuffizienz diagnostiziert.

Emily:
Mow bekam von uns die ganze Palette an gutem Diätfutter, welches er alles nach wenigen Tagen verschmähte und entsprechend weiter Gewicht verlor. Die Ärzte waren ehrlich mit uns und teilten uns mit, dass er vielleicht noch Jahre so leben könne, zeitgleich sagten sie uns aber auch, dass sich der Zustand in sehr kurzer Zeit rapide verschlechtern könne. Und als wäre dies alles nicht schon genug, brach er sich versehentlich die linke hintere Pfote als wir ihn auf die Terrasse herausließen und die Tür hinter ihm schließen wollten. Aber trotz all dem, der schwierigen gesundheitlichen Lage, seiner zunehmenden Appetitlosigkeit und dem Bruch war Mow so unendlich tapfer, dass es uns noch immer Tränen in die Augen treibt, wenn wir an ihn denken.

Kristijan:
Eines Morgens Anfang November entdeckten wir zwei Blutflecken auf dem Boden des Arbeitszimmers. Wir konnten bei Mowgli keine Verletzung oder offene Wunde finden, auch der Tierarzt war ratlos, aber vermutete eine Blutung in der Mundhöhle. Eine Woche später am 11. November am späten Nachmittag - Mow lag auf seinem Lieblingsplatz auf dem Sofa - entdeckten wir einen dicken Blutstropfen an seinem Kinn. Wir tupften ihn ab, konnten die Blutung, die immer stärker wurde, jedoch weder genau lokalisieren noch stoppen. Mow verlor immer mehr Blut und wir fuhren sofort in die Notaufnahme der Tierklink. Mow wurde untersucht, wobei festgestellt wurde, dass er an Temperatur verlor; auch die Unterbringung in einer Wärmekammer konnte den Zustand nicht bessern. Uns wurde empfohlen, ihn einschläfern zu lassen. Unter Schock wollten wir den Rat nicht tatenlos hinnehmen und erbaten eine Blutanalyse, deren Ergebnis uns den Boden unter den Füßen wegzog: Seine Nieren versagten in einer so dramatischen Form, dass mehrere Nierenwerte im Blut unmessbar hoch waren.

Emily:
Nach vier Stunden Bangen um Mow nahmen wir in der Nacht des 11.11. voller Tränen den Rat der Tierärztin, ihn gehen zu lassen, an. Sie beteuerte uns, dass er zu diesem Zeitpunkt keine Schmerzen hat und eine andere Entscheidung ihm nur eine kurze, aber schmerz- und leidvolle weitere Zeit von maximal zwei Wochen erlaubt. Und trotzdem brach es uns das Herz. Die Minuten, die auf diese Diagnose folgten, sind auch heute noch - mehr als sechs Monate später - für uns nur schwer zu ertragen und verschwimmen in einem Nebel wirrer Gefühle wie Fassungslosigkeit, Trauer, Wut, Unverständnis, Hilf- und Hoffnungslosigkeit.
Wir durften noch zwanzig Minuten mit Mow allein verbringen, in denen wir ihn viel streichelten und mit ihm redeten. Wir sagten ihm, dass es uns leid tut und, dass er auf uns aufpassen soll. Und wenn er uns ab und zu ein Zeichen schicken könnte, würden wir uns sehr freuen. Mit einer Träne in den Augen zwinkerte er uns daraufhin ein letztes Mal zu. Kurz vor 22:00 Uhr ist er auf unserem Schoß mit seinem Köpfchen in unseren Händen eingeschlafen.

Kristijan:
Vor Mowgli hatte ich kein Haustier, zumindest keines, welches mich so lange und so nah begleitet hat. Und hätte mich vorher jemand gefragt, wie es sein wird, wie ich mich fühle, wenn er nicht mehr mit uns ist, hätte ich nicht annähernd dieses Gefühl beschreiben können. Er war nicht nur ein Haustier, sondern ein wahrer Freund und Teil unserer Familie. Wir werden ihn niemals vergessen und sind dankbar für die schönen Jahre, die wir mit ihm hatten.

Emily:
Mow, Du unser bester, schwarzfelliger Katzenfreund. Du unser stetiger Begleiter, ob morgens an der Schlafzimmertür, mittags schlafend auf Deinem Schaukelstuhl oder abends schnurrend und schnarchend im Bett; im Winter aus dem Fenster schauend oder im Sommer Dich vor lauter Wonne in der Sonne auf der Terrasse wälzend. Du lustiger Geselle, Du Nervensäge, Du Seelentröster, Du unser bester Freund, den wir je gemeinsam hatten…niemals werden wir Dein Tippeln auf dem Laminat vergessen oder Dein kurzes “Mau”, wenn Du Hunger hattest, das Gefühl Deiner vom Boden kalten Pfote, mit der Du uns - während wir schliefen - ins Gesicht gestupst hast, um zu schauen, ob es uns gut geht, werden wir immer bei uns tragen. Wir werden Dich immer lieben, denn Du wirst immer einen besonderen Platz in unseren Herzen haben.


Deneb, der Stern im Zeichen des Schwans stand vor uns kurz nachdem er gehen musste und in der Nacht zum 12.11.2023 (etwa zwischen 02:30 und 03:00 Uhr) sahen wir eine Sternschnuppe beim Blick in den Himmel auf unserer Terrasse.