Nymphea

Meine Mau, meine Maumau, meine Prinzessin,
In einem Forum in dem es gar nicht über Katzen ging traf ich auf dich, die Familie deines Vorbesitzers wollte dich nicht übernehmen.
Unbekanntes Alter, angeblich 20, keine tierärztliche Vorgeschichte, aktuell aufgrund des Stresses, dass sich keiner richtig um dich sorgte und dein Heim ausgeräumt wurde eine Blasenentzündung. Keine Fotos, "Mausi" wäre der Name und lieb soll sie sein, ehemals Freigängerin.
Du gingst mir nicht aus dem Kopf, ich half bei deiner Vermittlung, hörte mich um und schließlich solltest du bei einer Freundin von mir einziehen.
Bei mir könnte es nicht gehen, in einer kleinen Wohnung mit 4 Kaninchen.

Es wurde alles arrangiert, ich hatte mich mit dieser Freundin mehrfach in den Haaren aufgrund des finanziellen Aufwands, den ich ihr
vorschlug bereitzuhalten, um die nötigen Untersuchungen durchzuführen, wir wussten ja gar nichts über dich.

Ich war dort als du gebracht wurdest, gewappnet für den Fall der Fälle mit Flohmittel, Lederhandschuhen und Krallenschere.
Du kamst aus der Box, sahst doch viel jünger aus als die angekündigten 20 Jahre, Augen klar, Fell weich, ein wenig verängstigt. Du verstecktest dich hinter dem Sofa, vollkommen normal und zu erwarten, es war ja alles so viel.
Nach einigen Stunden kamst du heraus zu mir, statt meiner Freundin, legtest dich sogar auf den Rücken um den Bauch gekrault zu bekommen. Es war erkennbar, wie sehr dir Liebe und Zuwendung gefehlt hat.
Am 1 Tag machtest du auf den Boden, da (wie ich vermute) die Tür zum Katzenklo im Badezimmer geschlossen war. Zudem warst du aufgrund deiner Blasenentzündung natürlich unsauber, hattest Schmerzen und setztest viele kleine Tröpfchen ab.
Du durftest nicht mit ins Schlafzimmer, hast aber Morgens vor der Tür freudig gewartet. Es wurde sich über den Gestank deines Katzenklos beschwert, obwohl du es doch nicht selbst säubern konntest. Es wurde sich beschwert über deine Anhänglichkeit und Suche nach Zuwendung.
Eine angebliche Allergie flammte auf.
Es war klar, du konntest nicht bleiben, es wurde wieder nach einem neuen Zuhause gesucht. Nach einer Woche dann die Nachricht "Die Katze muss weg oder sie kommt auf ebay".

Ich fuhr los und holte dich, wohl wissend, dass du nicht wieder ausziehen würdest.

Wir zogen gemeinsam in eine größere Wohnung mit Balkon. Wir haben dich beim Tierarzt (meiner damaligen Arbeitsstelle) auf den Kopf gestellt, das Herz nicht ganz in Ordnung, die Zähnchen nicht ganz in Ordnung, das Blut dem Alter enstprechend.
Beim Ummelden auf Tasso fand ich heraus, dass dein Geburtsdatum dort mit 2007 angegeben wurde und dein damaliger Name "Eloise". Doch du hattest von mir bereits einen neuen Namen bekommen, "Nymphea", sanft wie die Seerose.

Du warst die beste Katze die man sich hätte wünschen können, eine Katze die es einem Nachfolger, sollte es je einen geben schwer macht.
Nicht mäkelig im Futter oder Katzenstreu, obwohl du mit billigem Trockenfutter in deinem Reisegepäck kamst, kein Kratzen an Möbeln, keine Unsauberkeit ohne Blasenentzündung, keine nächtlichen Partys, Menschlicher Besuch war toll, Auto fahren war kein Problem (du hast sogar währenddessen gefressen und aus dem Fenster geschaut), kein herunterschmeißen von Dingen, kein Kratzen, kein Beißen, alles was für eine Katze vollkommen normal und in Ordnung gewesen wäre ...
Aber vor allem warst du eines, einfach nur eine liebenswürdige Seele.
Auf dem Schoß warst du glücklich. Auf dem Sofa, am Tisch, im Bett, Hauptsache auf dem Schoß, Gerne auch mit Streicheln.
Von der ersten Nacht an schliefst du im Bett auf mir.

Ich wusste, ich muss mich auf eine begrenzte Zeit mit uns beiden einstellen, du warst ja nicht mehr die Jüngste, und halbjährlich fuhren wir zum Arzt und ließen dich im wahrsten Sinne des Wortes auf Herz und Nieren testen ;) Die Zähne wurden in einer großen OP hübsch gemacht, eine Woche brauchtest du um dich davon zu erholen.
Dein Alter schritt voran, die Blutwerte schlichen langsam außerhalb der Normalbereiche. Das Miauen etwas krächzender, teils nächtliches Miauen bei beginnender Demenz (?), Pipi landete nicht mehr zielsicher im Klo, du brauchtest Hilfe für manche Sprünge. Dies war jedoch nichts Besorgniserregendes, nichts was darauf schließen lies, dass unsere Zeit bald endlich sein würde. Du bekamst deine Tabletten und alles schien in weiter Ferne.

Plötzlich kam die Atemnot als du auf meinen Schoß sprangst, so plötzlich wie sie kam, so plötzlich hörte sie auch wieder auf. Dennoch fuhren wir in die Klinik. In meinem Kopf schwirrten bereits Röntgenbilder mit Wasser in der Lunge, Stationärer Aufenthalt und ein Medikamentencocktail.
Vor Ort war eigentlich alles halb so wild, die Atemnot kam von einem Asthma, ein Nebenbefund ein Lungentumor, der an sich jedoch keine Probleme machte. Ich wusste dennoch, das dies eher ein Problem wird, als die Niere. Da du sonst soweit fit warst und der Tumor nur ein Nebenbefund rechnete ich mit mehreren Monaten.
Aber die Zeit ist Gnadenlos.
4 Wochen später merkte ich wie du abbaust. Nicht mehr zur Tür kamst und Abends auf deinem Stuhl bliebst. Die einzigen Nächte die wir nicht beisammen im Bett verbrachten.
Am Morgen des Tages der Tage wusste ich sofort: Es war soweit. Du hattest keine Kraft mehr, du solltest nicht leiden.
Wir waren noch einmal zusammen auf dem Sofa, zusammen auf dem Balkon und zusammen im Bett.
Ein bisschen Rindergulasch war das letzte was du noch fressen wolltest.
Zu 17 fuhren wir in die Klinik. Auf dem Rückweg spielte Neil Young im Radio.
Am nächsten Morgen brachten wir dich ins Krematorium, ich hatte dir extra eine neue Decke besorgt. Ein Knusperkissen und ein letztes Stück Rindergulasch nahmst du mit auf deine letzte Reise.
Nun steht auf deiner neuen Decke deine Urne im Schlafzimmer, wo du für immer hingehörst. Wo du für immer fehlen wirst.

2 1/2 Jahre waren zu kurz. Ich würde es immer wieder so tun.