Pinkelbi

Liebe Bibo, Frau Sleck, Schleck Schleck, alte Omi, Pinkelbi und unter welchen anderen Spitznamen du auch sonst immer in unserem Gedächtnis bleibst,

es ist noch nicht mal ein kompletter Tag vergangen, seit dem du das letzte Mal deine kleinen trüben Augen geschlossen hast. Und doch kreisen so viele Gedanken um die vielen gemeinsamen Erlebnisse und deine Eigenheiten, die dich so besonders gemacht haben. Mehr als 13 Jahre hast du dich tapfer durch die Welt geschleckt und keine Krankheit der Welt konnte deinen engstirnigen Dackel-Willen und deine Freude am Leben brechen. Egal was kam, es wurde weiter geschleckt, gewedelt, getappst und nach Essen gegiert. Man hatte fast das Gefühl, dass dich jede Tablette, die du mehr zu dir nehmen musstest, noch stärker macht.

Und trotz all den Krankheiten, mit denen du zu kämpfen hattest, bist du immer du selbst geblieben. Hast deine Abgase im Mietwagen entlassen, auch wenn wir andere Leute von der Mitfahrzentrale dabei hatten. Hast dich über Teppiche, PVC-Böden, Parkett und Straßen geschleckt, ganz gleich wie dreckig sie waren. Hast dich – ganz egal wie müde oder erschöpft du warst – aufgerafft und bist hinterher getappst, wenn jemand Richtung Küche schlurfte. Du bist, warst und wirst auch immer genau so bleiben. Das ist mit Sicherheit eine Eigenschaft, die dich vorbildlich macht. Denn auch ich will mich nie durch Krankheiten oder Schicksale verbiegen lassen – auch wenn ich nicht weiß, ob ich dann wirklich so stark sein kann wie du.

All die Momente, in denen du mich zur Weisglut gebracht hast – ob deine Vorliebe deinen Stuhl in der Wohnung zu entladen, deine Sturheit immer im Weg zu stehen oder dein leidvolles Quieken, weil alte Berliner U-Bahnen ja so furchtbar klingen – sind mittlerweile Nichtigkeiten, über die ich nur noch lachen kann und die ich vermisse. Abgesehen von ein paar Klettereinlagen im Wald und kleinen Abkühlungen im Wasser waren die meisten Gassirunden für dich nur eine spannende Suche nach Essen. Aber so warst du nun mal: immer fokussiert auf das Wichtigste. Genau wie beim regelmäßigen Kuscheln mit Josy. Dem „Gute Nacht Bibo“ folgte meist ein treudoofer Blick, der es unheimlich schwer machte, dich nicht ins Bett zu lassen. Durch Josy hattest du nicht nur dein längstmögliches Leben, durch sie konntest auf deinen letzten Jahren auch noch erfahren, was Liebe ist. Sie kann gar nicht anders, als all ihre Kraft und Liebe in das Wohlergehen von dir und deinem ebenfalls einzigartigen Sohn Spacy zu stecken. Das ist einfach bei ihr drin. Da ist es auch egal, ob dadurch Schulden entstehen, das Auto verkauft werden muss oder neue Tierarzt-Rechnungen in den Briefkasten flattern – Josy war immer für dich da und ich glaube im Nachhinein, dass du das auch zu schätzen gewusst hast.

Meine Tränen sind nicht nur mit Trauer gefüllt, denn du wurdest Gestern erlöst. Keine 100 Meter mehr wolltest du laufen und selbst beim Hinlegen hattest du Schmerzen. Das ist kein schönes Leben und ich hoffe dir geht es jetzt besser. Es war der richtige Schritt. Und auch wenn unsere Erinnerungen und Gedanken an Verstorbene mit jedem Tag verblassen, verspreche ich dir: Ich werde dich nie vergessen und wir werden gut auf Spacy aufpassen.

Ich hoffe wir sehen uns irgendwann wieder.

Dein Marco