Tosi

Wir trafen Tosi an der Bushaltestelle. Es war ein streunendes, noch sehr kleines Kätzchen. Es war Liebe auf den ersten Blick. Es kam sofort auf mich zu und begann, sich an meinen Beinen zu reiben, als würde er darum bitten, nach Hause gebracht zu werden. Und wir brachten es nach Hause.
Es stellte sich heraus, dass Tosi ein kleiner Kater in einem schlechten Zustand war und völlig abgemagert. Vom ersten Tag an habe ich mich um ihn gekümmert, als wäre er mein eigenes Baby. Allmählich wurde er stärker und entwickelte sich zu einem fröhlichen und verspielten Kätzchen. Jeder Gegenstand interessierte ihn und wurde zum Spielzeug. Manchmal ging er im Spiel zu weit. Einmal ist er zum Beispiel auf einen DVD-Player gesprungen und hat ihn kaputt gemacht, ein anderes Mal ist er in ein Lüftungsloch direkt unter der Decke geklettert, ich weiß immer noch nicht, wie er das geschafft hat, und wusste nicht, wie er da rauskommen sollte.
Als er älter wurde, wurde er schlauer, obwohl er das gleiche fröhliche Kätzchen blieb.

Tosi hat nicht sofort gelernt, uns zu vertrauen; die Zeit auf der Straße hat im wörtlichen und übertragenen Sinne Narben hinterlassen. Er ließ sich nicht gerne in die Arme nehmen und kam in den ersten Monaten nicht auf meinen Schoß. Aber nach einer Weile gewannen wir sein Vertrauen und seine Liebe, weil wir ihn sehr liebten und uns so gut wir konnten um ihn kümmerten. Er entwickelte sich zu einem wunderschönen sibirischen Kater. Wir haben 7 Jahre mit ihm in Weißrussland gelebt und während dieser Zeit mehrere Mietwohnungen gewechselt.
Das war im Herbst 2017, als sein Auge krank wurde, kurz bevor wir nach Deutschland abreisten. Die Ärzte verschrieben ihm Tabletten und Injektionen. Glücklicherweise hat ihm die Behandlung geholfen.

Und im November sind wir nach Deutschland gezogen. Es war ein langer Tag für uns alle: Bus, Zug, Taxi, Flugzeug, noch mehrere Züge... Tosi stand unter Schock, obwohl ich die ganze Reise und den ganzen Flug über versuchte, ihn aufzumuntern. Wir setzten die Behandlung fort und er erholte sich.

Im Februar 2018 bekamen Tosi und wir endlich ein Zuhause in Norddeutschland.
Es waren wundervolle Jahre, Tosi ist längst ein Mitglied unserer Familie geworden. Es war so schön, nach Hause zurückzukehren und zu wissen, dass Tosi dort auf mich wartete.

In den letzten Jahren wollte er immer neben uns sein, auf unserem Schoß sitzen oder neben uns auf dem Sofa liegen. Er wusste, dass er krank war und nicht mehr viel Zeit hatte. Wir wussten auch, dass er krank war, aber wir wussten nicht, wie ernst es war. Die Diagnose wurde falsch gestellt. Wir dachten, dass er noch viele Jahre bei uns leben würde. Doch am späten Abend des 9. März konnte er nicht wie immer selbst die Tür öffnen und ins Zimmer gehen. Ich öffnete ihm die Tür und sah, was mit ihm passierte: Sein Kopf hing fast zum Boden, er konnte ihn nicht heben, er ging mühsam, schwankte und setzte sich hin. Mir war sofort klar, dass dies das Ende war, aber ich wollte es nicht glauben. Da fand unser Abschied statt, aber ich kämpfte... Ich sagte ihm, dass ich ihn liebe, bat ihn um Genesung, streichelte ihn und kämmte sein Fell, er ging sogar mit mir in die Küche, um zu essen. Jetzt denke ich, dass er das für mich getan hat, um mich zu beruhigen. Dann sprang er auf den Stuhl, als wollte er sagen: Lass mich in Ruhe, ich werde schlafen. Ich hoffte, dass er am Morgen wieder gesund ist, dass diese Schwäche vorübergehen kann. Er kam frühmorgens zu mir ins Bett, ich ihn streichelte ihn und merkte, dass es ihm leider nicht besser ging. Wir haben kein Auto und die Tierarztpraxen sind sonntags geschlossen. Also rief ich unsere Freunde an und sie brachten uns in die Tierklinik. Als ich ihn dort zurückließ, gab man mir die Katzentransportbox zurück und sagten, dass ich sie mitbringen soll, wenn ich meine Katze abhole. Aber wir haben Tosi nie wieder gesehen.

Es sind bereits 49 Tage vergangen, seit Tosi eingeschlafen ist. Wir erinnern uns immer noch an unseren schönen sibirischen Kater und lieben ihn und werden es immer tun. Wir sind sehr dankbar, 13 Jahre und 4 Monate mit Tosi verbracht zu haben.