Trauerbewältigung

Kinder trauern um Tiere

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Wie trauern eigentlich Thorben und Leonie? Wie können Eltern ihren Kindern in der schweren Zeit helfen, wenn ein vierbeiniges oder befiedertes Familienmitglied gegangen ist?

Kommt ein neues, tierisches Familienmitglied in die Familie von Städtern, ist die Freude erst einmal recht groß. Gerade Kinder freuen sich oft unbändig über den neuen Spielgefährten und Freund. Egal, ob Katze, Hamster, Guppy, Hund oder auch Pferd: sowohl die Erwachsenen, aber eben besonders auch die Kinder bauen eine tiefe, emotionale Bindung zu dem Familienmitglied auf. Und sie erfahren völlig neue Dimensionen: neben der Geborgenheit, die ein Tier ausstrahlt, erleben Kinder im Zusammenleben auch erstmals sich selbst in der Rolle des „Verantwortungsträgers“. Das Aquarium muss regelmäßig gereinigt werden, der Inhalt der Katzentoilette darf entsorgt werden, der Hund möchte gerne raus und sein Geschäft erledigen und mit Artgenossen spielen. Je länger das Tier in der Familie lebt, umso intensiver wird die Bindung und Beziehung zu ihm. Doch eines Tages steht das Unausweichliche bevor: der Begleiter, das Familienmitglied stirbt. Plötzlich und völlig unerwartet, durch einen Unfall, durch eine Krankheit,  oder in einem längeren Prozess aufgrund des Alters. Diese Erfahrung ist üblicherweise für alle Beteiligten, besonders aber für Kinder, eine sehr schmerzhafte Erfahrung. Oftmals, weil ansonsten sorgsam behütet, stehen Kinder im Zusammenhang mit dem Ableben eines Tieres, zum ersten Mal in ihrem Leben dem Tod und der Erfahrung im Umgang damit gegenüber.


Was können Eltern tun, wie können sie ihren Kindern helfen, wenn ein tierisches Familienmitglied stirbt?

Eltern haben in solchen Momenten oftmals genug mit sich selbst zu tun, mit der eigenen Trauer. Und gleichzeitig möchten sie ihre Kinder schützen und im Schmerz begleiten. Die Frage ist: Wie? Natürlich ist das Alter des Kindes eine wichtige Einflussgröße. Während Drei- bis Fünfjährige noch kein Verständnis für die Endgültigkeit des Todes haben und davon ausgehen, dass der Gefährte demnächst wieder da ist, beginnt sich dies bei Sechs- bis Achtjährigen langsam zu wandeln. Das Verständnis für den Lauf der Dinge reift, der Tod als abstrakte Größe kommt langsam zu Bewusstsein. Mit der Entwicklungsphase des Rubikon, üblicherweise im 9./10. Lebensjahr, wird den Kindern die Bedeutung der Dimension „Tod“ dann immer klarer. Je nach Veranlagung des Kindes kommt es mit Fragen auf die Eltern zu. „Warum ist das passiert?“ „Wo ist mein Gefährte jetzt?“ „Hätte ich ihm helfen können?“ Ein Gefühl der Einsamkeit, der Trennung, des Verlassenseins, der Endgültigkeit tritt in seiner ganzen Radikalität auf. Da heißt es für die Eltern, Ruhe zu bewahren, da zu sein, keine wissenschaftlichen Erklärungen zu geben, sondern einfache und kindgerecht verständliche Antworten zu finden. Ein in-den-Arm-nehmen und gemeinsam-Weinen  schafft eine herzliche Verbundenheit. Gemeinsame Trauer hilft und verbindet ohne viele Worte. Und schafft eine gesunde Grundlage, mit dem lebensbegleitenden Thema „Tod“ und „Trennung“ umzugehen zu lernen.


Einige Empfehlungen für den richtigen Umgang in der kritischen Situation:

  • Bemühen Sie sich selbst, Ruhe zu finden und auszustrahlen. Es geht in dem Moment nicht in erster Linie um Ihre Trauer, sondern um Ihre Verantwortung für Ihr Kind.
  • Lassen Sie körperliche Nähe zu und bemühen sich um eine ruhige Stimme und Atmosphäre.
  • Bleiben Sie ganz bei sich und spüren sich in Ihr Kind ein. Erinnern Sie sich an Ihre eigene Kindheit und stellen sich vor, wie und mit welchen Worten man Ihnen damals hätte helfen können.
  • Bleiben Sie bei ganz einfachen Antworten und sei Sie ehrlich und wahrhaftig. Weniger ist mehr.


Welche Reaktionen beim Kind sind möglich?


Die Reaktionen des Kindes können völlig unterschiedlich ausfallen: die Bandbreite reicht von Wut und Verzweiflung bis zum Ausbleiben einer Reaktion – an der Oberfläche. Oftmals ist schon eine Reaktion mit zeitlichem Versatz beobachtet worden. Auch Aggressionen, Angst oder Schuldgefühle können auftreten und sich Bahn brechen.

Spielzeuge, Schlafstätten, bestimmte Rituale erinnern im Tagesablauf an den tierischen Begleiter und lassen die Trauer plötzlich aufbrechen.


Was kann ich als Elternteil tun?

  • Nehmen Sie sich Zeit, offen und ehrlich, authentisch, auf die Fragen Ihres Kindes zu antworten.
  • Bleiben Sie bei sich und lassen auch Ihre Trauer zu und Ihr Kind daran teilhaben.
  • Auch wenn es hart klingen mag: wenn es irgend möglich ist, lassen Sie eine Verabschiedung zu.
  • Bei kleineren Kindern wählen Sie verständliche Worte: das Tier schläft ein und wacht nicht mehr auf. Es geht über die Regenbogenbrücke.
  • Wenn Sie die Möglichkeit haben, schaffen Sie einen Bezugspunkt, ein Grab. Dort können Sie gemeinsam mit Ihren Kindern von Zeit zu Zeit hingehen, durch eine Kerze Ihrer Trauer und Verbundenheit Ausdruck verleihen. Für Kinder ist dieses Ritual für das Abschied nehmen wichtig. Oder Sie schaffen in der Wohnung einen bestimmten Platz, mit einem Bild, einer Kerze, dem Halsband, o. Ä.
  • Auch, wenn man den Schmerz schnell hinter sich lassen möchte, braucht er dennoch etwas Raum. Sofort den verstorbenen Begleiter durch einen Neuen zu ersetzen, ist vielleicht oberflächlich betrachtet ein probates Mittel der Ablenkung, wirkt aber nicht nachhaltig und tiefergehend und ist daher nicht ratsam.
  • Je nach Schwere der Reaktion Ihres Kindes, sollten Sie durchaus Lehrer, Pädagogen oder weitere Bezugspersonen ins Bild darüber setzen, was gerade passiert ist. In schwerwiegenderen Fällen ist der Gang zum Kinder- und Jugendpsychologen notwendig. Mittlerweile gibt es auch Spezialisten, die sich dem Thema „Trauerbewältigung beim Verlust von Tieren“ verschrieben haben und Hilfe anbieten.

Die Erfahrung mit dem Tod ist schmerzhaft, gehört aber zu unserem Leben untrennbar dazu. Das behutsame Erlernen des Umganges mit dem Thema bereichert unser Leben. Es macht den Menschen stark und sensibilisiert ihn. Geben wir unseren Kindern die Chance dazu und packen wir sie nicht zu sehr in Watte!

Autorin: Daniela B. Sälzer